Das Konzept „Diversity“ findet derzeit immer mehr Einzug in Unternehmen und Bildungseinrichtungen. „Diversity“ = Diversität steht dabei grundsätzlich für eine positive Betrachtung des Phänomens personeller Vielfalt. Sechs primäre Dimensionen von Diversität werden in der internationalen Literatur als Kerndimensionen bezeichnet und umfassen: Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung sowie Religion bzw. Weltanschauung. Letztlich wird auch die soziale Herkunft insbesondere in Universitäten und Hochschulen zunehmend thematisiert. Neben vielen positiven Aspekten von Diversity, wie ein erweiterter Talentpool, Kreativität und verbesserte Problemlösung, sind aber auch Herausforderungen wie auftretende Unsicherheiten und Konflikte zu beachten.
Ist die Medizin nicht schon divers?
Auch in der Medizin erhält das Phänomen der Diversity eine zunehmend große Aufmerksamkeit. Diskutiert wird eine zunehmende Heterogenität der ÄrztInnenschaft insbesondere im Hinblick darauf, dass sich die Zusammensetzung des medizinischen Nachwuchses in den letzten Jahren deutlich verändert hat – hin zu einem deutlich höheren Anteil von Frauen unter den Medizinstudierenden oder einer veränderten Einstellung von jungen Ärzten zu Work-Life-Balance und Karrierebestrebungen im Vergleich zu älteren Ärztegenerationen. Diese Phänomene werden vorwiegend als Problem des zunehmenden Ärztemangels und der Nachwuchsrekrutierung und weniger als Entwicklungschance des Berufsbildes Medizin an sich behandelt. Die vermehrte Einwanderung aus dem europäischen Ausland und aus Krisengebieten hat darüber hinaus vermehrt ausländische Fachkräfte ins Land gebracht, welche aufgrund bürokratischer und kultureller Hürden z. T. nur mit großer Mühe Anschluss an das deutsche Gesundheitssystem finden. Weitere Dimensionen der Diversität wie z. B. die gesellschaftliche Herkunft und soziale Klasse werden bislang bei einer starken Homogenität medizinischer Führungskräfte nahezu vollständig ausgeblendet.
Was nützt Diversity der Radiologie?
Zahlreiche Studien und Erfahrungsberichte bestätigen die positiven Wirkungen von Diversität, wie z. B. verstärkte Innovationskraft, bessere Gewinnung und Bindung von Talenten, erhöhte Motivation und Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen, bessere Kundenansprache, erhöhte Wettbewerbsfähigkeit usw. Gleichzeitig können aber auch negative Effekte auftreten, z. B. durch „Verschleiß“ angeworbener Talente, die in der Organisation keine wirkliche Heimat finden.
Die Medizin im Allgemeinen und die Radiologie im Speziellen müssen im Hinblick auf die großen Herausforderungen, vor die sie unter anderem durch die Digitalisierung in der naheliegenden Zukunft und auch schon in der Gegenwart gestellt werden, sicherstellen, dass alle Personalressourcen geschlechts- und herkunftsunabhängig im Sinne einer „Talentförderung“ erschlossen und optimal gefördert werden. Hierzu gehört neben der gleichwertigen Berücksichtigung und Förderung von Frauen und Männern sowie von Menschen mit verschiedenem Sozial- und Migrationshintergrund oder Alter zum Beispiel auch die Schaffung neuer Arbeitsmodelle, welche es den dort tätigen Menschen ermöglichen, ihr eigenes Potential am besten zu heben, für die Einrichtung produktiv einzusetzen und es gesellschaftlich nutzbar zu machen. Diese erkennbaren Chancen sollte die Radiologie für sich nutzen und gleichzeitig Probleme präventiv und kurativ bearbeiten lernen.
Diversity@DRG: Eine Initiative und ihr Ziel
Die Deutsche Röntgengesellschaft hat in den vergangenen Jahren bereits begonnen, auf dieses Thema aufmerksam zu machen und im Hinblick auf mehr Diversität innerhalb der Organisation tätig zu werden. Ziel der Diversity@DRG-Initiative ist es deshalb, hier als deutsche Fachgesellschaft das bereits bestehende Momentum zu vertiefen und zu institutionalisieren. In einem hinsichtlich des Geschlechts und der sozialen Herkunft sowie der aktuellen Karrierestufe ausgeglichenen Konsortium aus Radiologinnen und Radiologen, der DRG-Geschäftsstelle und anderen Assoziierten sollen Ideen und Modelle erarbeitet werden, wie die Radiologie größere Vielfalt abbilden und bestehende und anzuwerbende Potentiale besser nutzen kann. Es sollen dabei Modelle erarbeitet werden, welche exemplarisch durch einzelne Teilnehmende anschließend in der Praxis erprobt und auf Umsetzbarkeit überprüft werden. Hierdurch soll ein Modellcharakter und eine öffentliche, der Fachgesellschaft bewusste Bewegung entstehen, welche anschließend auf weitere Felder der Medizin ausgeweitet werden können.